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Die fremden Brüder

Aus: Ausgabe vom 05.03.2024, Seite 11 / Feuilleton

Kunst

Aus Sicht des Südens: Eine Ausstellung im Berliner Haus der Kulturen der Welt über gute und schlechte Erfahrungen mit der DDR

Von Gerhard Hanloser

Die DDR, die reale sozialistische Gesellschaft auf deutschem Boden, kommt dabei in den zwei Ausstellungsräumen und den Installationen im ­Foyer nicht ganz schlecht weg. Sie erscheint sogar angesichts einer vom globalen Kapitalismus beherrschten Welt wie ein Sehnsuchtsort, zumindest wie ein wiederzuentdeckender Potentialis. Man wolle die DDR nicht glorifizieren, sagt Intendant und Chefkurator Bonaventure Soh Bejeng Ndikung, sie aber auf keinen Fall dämonisieren. Vielfältige Erfahrungen und bewegende Zusammenkünfte hätte es schließlich unter dem Banner der internationalen Solidarität gegeben. Dies verdeutlicht nicht zuletzt eine sorgfältig ausgesuchte Plakatwand mit Agitprop für Puerto Rico, Chile, Kuba, dem Aufruf zu Afrokommunismus und gegen die südafrikanische Apartheid. Die Ergebnisse des Kulturabkommens zwischen der DDR und Äthiopien von 1978 lassen sich hier ebenso begutachten wie Grafiken des jungen, über den Kommunistischen Jugendverband von Palästina nach Dresden an die Hochschule für Bildende Künste gekommenen Abed Abdi, der dort von der jüdischen deutschen Antifaschistin Lea Grundig betreut wurde. Aus dem Kunstarchiv Beeskow stammen drei Gemälde und eine Textilarbeit, die ganz im Geiste der globalen Solidarität gehalten sind. Der Wandteppich »Symbole der deutsch-sow­jetischen Freundschaft« von 1977 wurde von Studenten der Kunsthochschule Berlin-Weißensee gemeinsam mit der Hochschule für angewandte Kunst »Wera Muchina« Leningrad erstellt. Horst Webers Öl-Leinwand-Collage mit Zeitungsartikeln über globale Repression gegen Befreiungsbewegungen trägt den Namen »menschliches Verhalten«. Mit am eindrucksvollsten dürfte wohl das Ölbild des Berliner Künstlers Christoph Wetzel sein, das Kinder aus Palästina, Äthiopien, Nicaragua, Vietnam, Libanon und dem Kongo neben einem deutschen Jungen zeigt. Ihre fest auf den Betrachter gerichteten Blicke sind voll Trotz, Behauptungswillen, Resilienz, ihnen ist aber auch die Erfahrung von Rassismus und Ausgrenzung ins Gesicht geschrieben.

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