Wo genau tut es weh?
Israelische und palästinensische KünstlerInnen kritisieren Besatzung, Unrecht und Terror und artikulieren die gemeinsame Sehnsucht nach Frieden.
10.04.2013 | bis 21.04.2013
Rosa-Luxemburg-Stiftung, Berlin.
Der Titel WONDERLAND sei als Verweis auf das Bestehen einer Diskrepanz zwischen Praxis und Bewusstsein verstanden. Unsere Praxis ist die Art und Weise, durch die wir die Realität in unserem Bewusstsein verankern. Die Realität des Lebens, d. h. die zwischen Israelis und Palästinensern herrschenden Beziehungen von Dialog und Konflikt, nehmen ihren Platz im Bewusstsein der Künstler ein.
Vernissage am 10. April.
Mit Dr. Dagmar Enkelmann (Vorsitzende des Vorstandes der Rosa-Luxemburg-Stiftung), Shirley Meshulam (Kuratorin der Ausstellung, Haifa), Yossi Ben-Bassat (Produzent, Tel Aviv), Hadas Reshef (Künstlerin), Abed Abdi (Künstler)
Gemeinsame Projekte palästinensischer und israelischer KünstlerInnen können keine grundlegende Veränderung der durch Okkupation und Entrechtung charakterisierten Gegebenheiten in Israel/Palästina bewirken. Sie wollen jedoch die Öffentlichkeit mit der anormalen und problemreichen Situation konfrontieren. Mit Hilfe des Mediums Kunst artikuliert die Ausstellung «Wonderland» harsche Kritik an Besatzung, Unrecht und Terror; sie bringt zugleich die Sehnsucht nach Frieden zum Ausdruck – im Abbild entwurzelter Olivenbäume, im Porträt des Friedensnobelpreisträgers Shimon Peres, eine Taube mit gebrochenen Flügeln auf seiner Schulter, in den Bildern von Checkpoints und «Sperrmauer» oder im Liebesgedicht eines jüdischen Mannes an seine palästinensische Geliebte. Die Kunstwerke regen zum Mitfühlen und Nachdenken an, insbesondere auch über Wege zur Veränderung.
Insgesamt beteiligen sich 35 KünstlerInnen an «Wonderland», darunter TrägerInnen des Israel-Preises und KünstlerInnen, die an Universitäten im In- und Ausland lehren. Ihr Sprachrohr in der politischen Auseinandersetzung ist die Kunst. Ihre Bilder, Installationen, Fotografien erzählen Geschichten aus einer sehr persönlichen, kulturellen, aber auch existenziellen Erfahrung heraus.
Der Weg zu «Wonderland» war weit: Zwei Jahre lang arbeiteten die Beteiligten an der Kunstschau. 2012 begann die Ausstellung ihre Reise in Haifa, einer Stadt, in der sowohl JüdInnen als auch AraberInnen leben. In der Wahrnehmung «Anderer», so schreibt Kuratorin Shirley Meshulam, gilt Haifa als eine der fortschrittlichsten, tolerantesten und multi-kulturellsten Städte. Haifa ist darüber hinaus der Ort, an dem sie selbst zur Welt kam und aufwuchs. Vom 11. bis 22. März 2013 war die Ausstellung bereits im Deutschen Bundestag in Berlin zu sehen.
Wo genau tut es weh?
«Heute reflektieren die Worte der Revolutionärin Rosa Luxemburg ‹Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden› die Notwendigkeit freier Meinungsäußerung, von Förderung der Demokratie, von sozialer Gerechtigkeit; sie sind eine Absage an Gewalt und eine Befürwortung internationaler Zusammenarbeit zur Förderung von ‹Verständigung› auf der Welt im Allgemeinen und im Nahen Osten im Besonderen. Sie sind gleichermaßen relevant unter gesellschaftlichen und politischen Aspekten wie auch in der modernen Kunst. Die Ausstellung soll in diesem Sinne vor allem Sprachrohr sein für die Stimmen israelischer und palästinensischer Künstler, die im Sinne von Rosa Luxemburg ‹anders denken›. Sie sei auch Metapher einer erwachenden, sich ihrer selbst bewussten Erkenntnis, bevor diese sich im gnadenlos hämmernden Lärm des Seins auflöst und darin untergeht.
Die zentrale Frage ‹Wo genau tut es weh?›, die in den meisten Kunstwerken der Ausstellung ihr Echo findet, stellte bei der Auswahl und Zusammensetzung der Arbeiten und in den Gesprächen, die ich mit den Künstlern führte, einen wesentlichen Ansatz dar. WONDERLAND richtet seinen Fokus auf die Beziehung israelischer und palästinensischer Künstler zur Realität des Lebens in Israel im Allgemeinen, und auf den israelisch-palästinensischen Konflikt im Besonderen – aus deren persönlicher Sicht, aus dem kulturellen Bewusstsein und der existenziellen Erfahrung heraus, in der sie leben. 35 namhafte Künstler nehmen an dieser Ausstellung teil, darunter Träger des Israel-Preises wie auch Künstler, die an Universitäten im In- und Ausland lehren.
Die Ausstellung umfasst einen Zeitraum von 25 Jahren, von 1987 bis 2012, will jedoch keine vollständige Chronologie bieten. Ihr Schwerpunkt liegt auf der Reaktion und in der Haltung der israelischen und palästinensischen Künstler zu traumatischen und belastenden Schlüsselereignissen des israelisch-palästinensischen Konflikts. Der Titel WONDERLAND sei als Verweis auf das Bestehen einer Diskrepanz zwischen Praxis und Bewusstsein verstanden. Unsere Praxis ist die Art und Weise, durch die wir die Realität in unserem Bewusstsein verankern. Die Realität des Lebens, d. h. die zwischen Israelis und Palästinensern herrschenden Beziehungen von Dialog und Konflikt, nehmen ihren Platz im Bewusstsein der Künstler ein.
Die Ausstellung beginnt ihre Reise in Haifa, einer Stadt, in der sowohl Juden als auch Araber leben. In der Haltung zum «Anderen» gilt Haifa als eine der fortschrittlichsten, tolerantesten und multi-kulturellsten Städte. Haifa ist darüber hinaus der Ort, an dem ich zur Welt kam und aufwuchs. Weiter führt der Weg der Ausstellung in den Deutschen Bundestag nach Berlin und im Anschluss daran ins Europaparlament nach Brüssel sowie in andere europäische Hauptstädte. Ich hoffe, sie wird zu einem tieferen Verständnis und mehr Bewusstsein hinsichtlich der Geschehnisse in unserer Region bzw. im israelisch-palästinensischen Konflikt beitragen.»
An «Wonderland» waren beteiligt:
Gilad Ophir, Eliahou Eric, Hadas Reshef, Micha Kirshner, Abir Attalh, Shuka Glotman, David Tartakover, Yoav Gershon, David Behar-Perahia, Noam Rabinovich, Gilad Ophir, Raida Adon, Abed Abdi, Asad Azi, Israel Rabinovitz, Nasrin Abu Baker, Raafat Hattab, Durar Bacri, Linda Taha, Hoda Jamal, Noa Arad-Yairi, Yuval Yayiri, Yuda Braun, Guy David Briler, Buthina Millhem, Dvora Morag, Merav Sudaey, Yoav Gershon, Ruba Hamdan